Rückkehrgespräche (BEM)

Worum es geht und wie sie wirken

Rückkehrgespräche werden zum Teil immer noch kontrovers diskutiert. Für einige sind sie Druckgespräche, die Mitarbeiter einschüchtern sollen, für andere wiederum Allheilmittel im Einsatz gegen hohe Fehlzeiten. Der Autor, der sich seit Mitte der 1980er Jahre mit Fehlzeiten und Betrieblicher Gesundheitsförderung beschäftigt, stellt aus seiner Sicht klar, worum es in Rückkehrgesprächen wirklich gehen muss, wenn sie Erfolg haben sollen: um gegenseitigen Respekt und Wertschätzung.

Offensichtlich hat sich das Rückkehrgespräch im betrieblichen Umfeld durchgesetzt . Es gibt kaum noch Betriebe, die nicht davon überzeugt sind, dass sie Rückkehrgespräche führen oder zumindest zu wissen meinen, worum es in diesen Gesprächen gehen muss. Auch von Seiten der Betriebs- und Personalräte ist man überzeugt, dieses Instrument und seine Wirkungen auf die zu schützenden Belegschaften genau zu kennen . Es gibt mittlerweile eine ganze Anzahl von Veröffentlichungen zum Rückkehrgespräch, teilweise sogar dicke Bücher zum Thema. Aber eigentlich könnte man die Bücher beiseite legen, wenn zum ersten Mal verallgemeinernd mit dem Begriff des so genannten Krankenrückkehrgespräches hantiert wird. Dann kann es schon fast gar nicht mehr um ein konstruktives Führungsinstrument gehen.

Der Begriff Rückkehr ist völlig neutral. Rückkehr bedeutet: da kommt jemand zurück, der weg war, der abwesend war.

Um welche Art von Abwesenheit es sich gehandelt hat, ist zunächst nicht von Interesse. Von daher geht es im Rückkehrgespräch auch in erster Linie um die Begrüßung eines aus einer Abwesenheit zurückkehrenden Menschen. „Du warst zwei Wochen nicht da. Schön, dass Du wieder da bist. Wir haben Dich vermisst. Das und das ist passiert, während Du nicht bei uns warst.“

Der so begrüßte Mensch erfährt Wertschätzung: „Es ist gut, dass Du wieder da bist!“ Er erhält Informationen und ihm wird dadurch die Arbeitsaufnahme erleichtert. Es geht somit auch um Integration.

Kein Gespräch nach Abwesenheit

Stellen Sie sich vor, Sie waren zwei Wochen nicht anwesend, waren zwei Wochen urlaubsbedingt nicht im Betrieb. Sie kommen zurück an Ihren Arbeitsplatz und niemand spricht mit Ihnen; weder Ihre Kollegen noch Ihre Führungskraft. Welche Gefühle entstehen dadurch?! „Ob ich da bin oder nicht, ist völlig unwichtig. Ich bin unwichtig. Ich bin wertlos. Niemand nimmt mich wahr.“ Das Schlimmste, was uns als Mensch passieren kann! Es ist immer noch besser, unfreundlich begrüßt zu werden, als mit Gleichgültigkeit konfrontiert zu werden!

Krankenrückkehrgespräche

Stellen Sie sich weiter vor, Ihr Betrieb führt diese so genannten und oben erwähnten Krankenrückkehrgespräche. Sie waren zwei Wochen krankheitsbedingt nicht im Betrieb, kommen wieder und werden jetzt zu einem derartigen Gespräch gebeten. Welche Gefühle entstehen schon vor diesem Gespräch in diesem Betrieb? Ich interessiere nur als Arbeitskraft, nicht als Mensch. Sie sehen mich ausschließlich als Kostenfaktor. Es geht hier nicht um Wertschätzung und Anerkennung, sondern nur um Druck. Sie wollen, dass ich nicht krank bin und funktioniere, wie die Maschinen im Betrieb.

Sicherlich ist an dieser Stelle klar, dass es Krankenrückkehrgespräche nicht geben darf, dass es aber Rückkehrgespräche geben sollte. Rückkehrgespräche nach krankheitsbedingter Abwesenheit sind eine Teilmenge aller Gespräche nach einer Abwesenheit.

Keine leichte Aufgabe für die Führungskraft

Nun fällt es aber nicht allen Führungskräften leicht, diese Rückkehrgespräche zu führen. Nicht unbedingt viele Menschen können von sich selber sagen, in ihrem Leben viel Wertschätzung und Anerkennung erfahren zu haben. Und ich kann als Mensch immer nur das geben, was ich auch selber besitze. Habe ich also selber wenig Annerkennung, Wertschätzung und Anerkennung erfahren, kann ich sie auch nicht so ohne weiteres weitergeben. Doch das ist schon fast ein Teufelskreis, aus dem es nicht raus zu kommen scheint.

Positive Verhaltensänderung durch Training

Das Rückkehrgespräch kann ganz bestimmt nicht die fehlende Aufmerksamkeit ausgleichen, die wir gerne schon in frühen Lebensphasen von ganz anderen Menschen erfahren hätten. Führungskräfte aber, die bisher mit wenig Wertschätzung und Respekt Mitarbeiter geführt haben (oder diese zu führen glaubten), können über ein intensives Training erfahren und lernen, wie sie es besser machen können. Und wenn sie dann mit diesem für sie neuen Verhaltensrepertoire an ihre Mitarbeiter herangehen, bekommen sie auf einmal selber etwas von ihren Mitarbeitern. Sie werden geschätzt und erhalten Wertschätzung und Anerkennung, sie spüren auf einmal Loyalität und Verständnis statt Konkurrenz und Ablehnung. Es ist wirklich erstaunlich, aber es funktioniert. Zwar nicht immer, aber oft genug, dass es auf jeden Fall sinnvoll ist, es weiterhin zu versuchen.

Rückkehrgespräche als Chance

Wir werden die Welt also nicht verändern, wenn wir die Rückkehrgespräche ablehnen. Wir haben aber die Chance, mit richtig geführten Rückkehrgesprächen zu einem besseren zwischenmenschlichen Umgang und gegenseitigen Respekt mit entsprechender Wertschätzung im Betrieb beizutragen.

Sensible Gespräche nach Krankheit

Rückkehrgespräche nach Krankheit können aber immer noch als Druckmittel missbraucht werden, egal, ob auch nach Urlaub, Dienstreise oder Weiterbildung Gespräche geführt werden.

„Warum warst Du krank!“ „Weißt Du nicht, wie teuer Deine Fehlzeit für den Betrieb ist!“ „Die Kollegen mussten für Dich mitarbeiten, während Du Dich ausgeruht hast!“ „Na, hattest wohl den gelben Urlaubsschein gezogen?!“

Wenn wir weiter nachdenken, fallen uns bestimmt noch zahlreiche weitere Beispiele ein, wie man es nicht machen soll!

Wer aus einer Krankheit zurückkehrt, dem geht es möglicherweise gesundheitlich und/oder seelisch noch nicht wieder so gut, wie vor der Krankheit. Deshalb sollte sich eine Führungskraft immer nach dem Befinden erkundigen und fragen, ob noch Rücksicht genommen werden sollte. Fragen nach der Krankheit sollten nicht gestellt werden. Stimmt das Vertrauensverhältnis zwischen Führungskraft und Mitarbeiter/in, wird letztere/r schon von alleine davon berichten. Und wenn nicht, ist es auch okay. Es gibt auch Krankheiten, über die nicht gerne gesprochen wird. Das ist ganz einfach zu respektieren.

Erlaubt ist aber immer die Frage nach möglichen betrieblichen Krankheitsursachen.

Wenn die Frage nicht unberechtigt ist und auf entsprechende Resonanz stößt, ist es auf jeden Fall Aufgabe der Führungskraft im Sinne der Betrieblichen Gesundheitsförderung diesen Ursachen nachzugehen und sie nach Möglichkeit abzustellen. Dies ist bei ergonomisch oder strukturell bedingten Ursachen einfacher, als bei zwischenmenschlichen. Die Auflösung zwischenmenschlicher Fehlzeitenursachen erfordert auf jeden Fall ein hohes Maß an Sozialkompetenz und teilweise auch die Unterstützung durch andere Experten im oder außerhalb des Unternehmens, wie z.B. durch eine Sozial- oder Mobbingberatung oder einen externen Führungskräftecoach. Führungskräfte sollten sich nicht selber unter Druck setzen und meinen, sie müssten zu allen von ihren Mitarbeitern vorgebrachten Themen entsprechend problemlösende Antworten parat haben. Schließlich ist kein Mensch vollkommen; und wir benötigen einfach für bestimmte zwischenmenschliche Konflikte kompetente Spezialisten.

Zusammenfassung

  • Das Rückkehrgespräch wird nach jeder Art von Abwesenheit geführt.
  • Nach einer eintägigen Abwesenheit muss kein Vieraugengespräch im Vorgesetztenbüro geführt werden, aber allein durch eine kurze Begrüßung vermittelt die Führungskraft Wertschätzung, weil sie die eintägige Abwesenheit wahrgenommen hat. Das Rückkehrgespräch ist ein Motivationsinstrument.
  • Das Rückkehrgespräch wird ohne Ausnahme mit jeder Person geführt.
  • Das Rückkehrgespräch wird genutzt, um über während der Abwesenheit stattgefundene betriebliche Ereignisse zu informieren. Es ist ein Integrationsgespräch.
  • Nach krankheitsbedingter Abwesenheit sollte sich nach dem Befinden erkundigt werden, um gegebenenfalls noch Rücksicht zu nehmen.
  • Nach krankheitsbedingter Abwesenheit können über das Rückkehrgespräch Fehlzeitenursachen in Erfahrung gebracht werden, wenn sie betrieblicher Natur sind. Es ist somit das wichtigste Instrument der Betrieblichen Gesundheitsförderung.

Literaturhinweise:

Bitzer, Bernd: Kommunikation macht gesund: Das Rückkehrgespräch als Sozialinnovation und Basis für das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM),
Windmühle-Verlag, Hamburg 2010, 3. Auflg.

Bitzer, Bernd: Fehlzeiten als Chance, Expert-Verlag, Renningen 2005, 5. Auflg.

Sauer, Herbert (Hrsg.): Betriebliches und persönliches Gesundheitsmanagement,
Deutscher Sparkassen Verlag, Stuttgart 2002

 

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